Bündnis im Kampf gegen Hausärztemangel

22.08.2012

Von Stefan Holler

Eine Koordinierungsstelle Weiterbildung Allgemeinmedizin in Hessen will Medizinabsolventen bundesweit für den Beruf als Hausarzt begeistern. 

FRANKFURT/MAIN. Hausarzt werden oder nicht? - das ist für viele Medizinstudenten eine schwierige Frage. Die bei der KV Hessen angesiedelte Koordinierungsstelle Weiterbildung Allgemeinmedizin, die in Frankfurt offiziell vorgestellt wurde, will Studierenden oder bereits approbierten Ärzten den Weg in die Niederlassung erleichtern.
Sie unterstützt auch Ärzte, die sich bereits in Weiterbildung befinden, diese aber noch nicht abgeschlossen haben. Auch weiterbildungsermächtigten Ärzten aus Kliniken und Praxen möchte die Koordinierungsstelle mit Rat und Tat zur Seite stehen.

60 Hausarztpraxen in Hessen fanden keinen Nachfolger

Obwohl es bundesweit inzwischen zahlreiche Koordinierungsstellen gibt, sei das hessische Bündnis aus KV, Ärztekammer, Krankenhausgesellschaft und der beiden Universitätsinstitute für Allgemeinmedizin in Frankfurt und Marburg deutschlandweit bisher einmalig - "denn es bindet den universitären Teil der Aus- und Weiterbildung explizit mit ein", erläuterte die Vorsitzende der Lenkungsgruppe der Koordinierungsstelle, Monika Buchalik.
Neben individueller Beratung der Interessenten stehen unter anderem auch die lückenlose Weiterbildung im stationären und ambulanten Bereich und die Beratung bei der anschließenden Niederlassung im Mittelpunkt.
Die Initiatoren sehen Handlungsbedarf beim hausärztlichen Nachwuchs: Allein in den beiden vergangenen Jahren konnten 60 Hausarzt- und 25 Facharztpraxen in dem Bundesland nicht wieder besetzt werden, betonte Frank-Rüdiger Zimmeck, Vorstandschef der KV Hessen. "Dies betrifft besonders die ländlichen Regionen, aber auch in den Großstädten gibt es erste Stadtteile ohne (Haus)Arztpraxen", so Zimmeck.

Bis 2025 prognostiziert die KV einen Nachfolgebedarf von rund 2600 Hausarztpraxen in Hessen. Ziel der Koordinierungsstelle sei daher, eine breit gefächerte Plattform zu bilden und jungen Ärzten mit Interesse für Allgemeinmedizin aktiv zu fördern.

Mentoren stehen den jungen Hausärzten zur Seite

Ausdrücklich angesprochen sind auch Studenten und junge Ärzte aus dem restlichen Teil Deutschlands. "Hausärzte werden in Zukunft Mangelware, es wird ein starker Wettbewerb zwischen den einzelnen Bundesländern stattfinden", beschrieb Zimmeck das künftige Szenario. Daher sei die Koordinierungsstelle überregional ausgerichtet. Denkbar seien künftig auch Kooperationen mit Partnern aus anderen Bereichen wie Kommunen, Bürgermeistern, Apotheken oder Pflegedienstleister.

Während der fünfjährigen Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin haben Ärzte die Möglichkeit, an zusätzlichen Mentorenprogrammen und Begleitseminaren teilzunehmen. Sie werden mit Unterstützung des Hessischen Sozialministeriums von eigens eingerichteten Kompetenzzentren an den Universitäten Frankfurt und Marburg aufbauen. Es besteht eine Kooperation mit 120 akademischen Lehrpraxen. "Die Studenten lernen dadurch die hausärztliche Versorgung besser kennen", verdeutlichte Professor Ferdinand Gerlach, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der Frankfurter Goethe-Universität.

Seit 1999 haben nach Angaben der Landesärztekammer knapp 1250 Ärzte die Facharzt-Prüfung Allgemeinmedizin abgelegt. "Damit könnte der hessische Bedarf an Hausärzten gedeckt werden, wenn diese Kollegen alle in die hausärztliche Versorgung gehen würden. Dieser Schritt ist aber offenbar nicht die Regel", so Martin Leimbeck, Vizepräsident der Landesärztekammer. Vor allem mangelnde Work-Life-Balance und die schlechte Infrastruktur auf dem Land hielten viele angehende Ärzte davon ab, sich in unterversorgten Regionen niederzulassen.

Die Mittel für die hausärztliche Weiterbildung in Hessen wurden aufgestockt: Der KV-Anteil liegt ab 2013 bei 4,2 Millionen Euro.

www.allgemeinmedizinhessen.de

Fehlverteilung auch durch "Landflucht"

Dass es viele Einflussfaktoren – z.B. Wohnort, Familienplanung, Teilzeitarbeit – gibt, die die Entscheidung für eine hausärztliche Tätigkeit beeinflussen, ist dem Wissenschaftler Professor Dr. Ferdinand Gerlach, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der Frankfurter Goethe-Universität, bestens bekannt. Neue flexible Arbeitsmodelle, bei denen sich mehrere Ärzte zusammenschließen, könnten hier helfen, sagt er. 

Prof. Gerlach spricht von zwei Formen der „Fehlverteilung“: Zum einen habe die Zahl der niedergelassenen Fachspezialisten von 1993 bis 2009 um gut 50 % zugenommen, während die Zahl der Hausärzte um fast 8 % zurückging. Zum andern wird die Niederlassung in der wohlhabenden Innenstadt einer Landpraxis klar vorgezogen. Der Arztmangel droht also vor allem auf dem Land.

Ärztemangel: Nachfolgerbedarf nimmt bis 2025 gravierend zu

Das zeigen auch die Hochrechnungen auf Kreisebene für Hessen bis zum Jahr 2025. Die Prognose der KV lautet, dass bei einer Praxisabgabe im Alter von 65 Jahren bis zum Jahr 2025 ein Nachfolgerbedarf für rund 2600 der derzeit 3900 Hausärzte besteht. 

Allerdings: Seit 1999 haben in Hessen nur 1250 Ärztinnen und Ärzte bei der Kammer die Facharzt-Prüfung Allgemeinmedizin abgelegt. In der Vergangenheit hat das den Bedarf gedeckt, für die Zukunft ist es zu wenig. Dafür müsste die Nachfolgerzahl dreimal so hoch sein, schätzt Prof. Gerlach unter Berücksichtigung des Arbeitsumfangs von Angestellten und Teilzeittätigen, die das (demografiebedingt sogar noch wachsende) Pensum der heutigen Selbstständigen übernehmen sollen. 

Wo sollen diese künftigen Hausärzte herkommen? Aus anderen Bundesländern? Aus der Inneren Medizin? „Jeder zerrt an der zu kurzen Decke“, beschreibt Rainer Greunke, Geschäftsführender Direktor der Hessischen Krankenhausgesellschaft, das Verteilungsproblem. Seiner Ansicht nach wird die Politik nicht umhinkommen, die Ausbildungskapazitäten zu erhöhen.

Die KV fördert künftig auch Facharztweiterbildungen

Um junge Mediziner auf ihre Unterstützung aufmerksam zu machen, legt die Koordinierungsstelle an Unis und in Kliniken ihren Flyer „Ja, ich will Hausärztin/Hausarzt in Hessen werden“ aus. Die Web­site www.allgemeinmedizinhessen.de soll neben den üblichen Hinweisen auch Musterarbeitsverträge und eine Stellenbörse bieten.

Eine gute Nachricht zur Förderung der Weiterbildungsstellen hatte KV-Chef Frank-Rüdiger Zimmeck auf Nachfrage parat: Der Streit in der KV-Vertreterversammlung um mehr Fördergeld ist beigelegt. Alle beantragten allgemeinmedizinischen Weiterbildungsstellen können finanziert werden, so Zimmeck.

Bekanntlich teilen sich KV und Kassen die monatliche Förderung von 3500 Euro für eine Vollzeitstelle fifty-fifty. Für 2013 hat die KV ein Fördervolumen von 4,2 Mio. Euro (entspricht 200 Vollzeitstellen) eingeplant – sowie 800 000 Euro für die Förderung fachärztlicher Weiterbildungsstellen. Da es für Letzteres keine Verpflichtung gibt, rechnet man bei der KV derzeit nicht damit, dass sich auch die Kassen daran beteiligen werden, obwohl es mancherorts z.B. schon an Augenärzten mangelt. Noch nicht entschieden ist, welche Facharztgruppen gefördert werden und wie hoch der Zuschuss ausfällt.

Allgemeinmedizin: spezialisiert auf den ganzen Menschen

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Zur besseren Vernetzung der interessierten Weiterbilder/innen und Ärzte/innen in Weiterbildung (ÄiW) und für weitere Informationen können Sie gerne Kontakt mit uns aufnehmen:
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Die fünfjährige Weiterbildung zur Fachärztin/zum Facharzt für Allgemeinmedizin wird sowohl in der Klinik als auch im ambulanten Bereich durchgeführt. Detaillierte Informationen enthält die Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer Hessen.

Um die Koordination der einzelnen Weiterbildungsabschnitte und -inhalte für die ÄiW zu vereinfachen, wurde eine Koordinierungsstelle für die Weiterbildung Allgemeinmedizin eingerichtet. Ihre Aufgabe ist insbesondere die organisatorische Unterstützung und Vermittlung der Weiterbildung im Fach Allgemeinmedizin.

Zur fachlichen Begleitung der ÄiW sowie zur Gewährleistung einer optimalen Betreuung und Qualität der Weiterbildung stehen an den Universitäten Frankfurt am Main und Marburg jeweils Kompetenzzentren zur Verfügung, die folgenden Hauptaufgaben haben:

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info@mkkliniken.de

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ist ein freiwilliger Zusammenschluss von Vertragsärzten und Psychotherapeuten in den Altkreisen Gelnhausen und Schlüchtern. Ziel ist die Entwicklung und Umsetzung eines fachübergreifenden Konzepts kollegialer Zusammenarbeit. Die Betreuung der Patienten erfolgt wie gewohnt durch den Haus- oder Facharzt vor Ort.
www.aerztenetz-spessart.de
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Der Hausärzteverband Hessen e.V.
ist ein Zusammenschluss hausärztlich tätiger Ärzte in Hessen. Im Vordergrund seines Engagements stehen Förderung der Qualität der hausärztlichen Versorgung sowie der hausärztlichen Forschung, Lehre und Weiterbildung. Er vertritt die wirtschaftlichen, ideellen und organisatorischen Interessen der Hausärzte in allen Belangen.
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